Leseproben
Wie ein Baum
Vom Licht, das alles Sein und Leben durchströmt
Guter Gott,
ich bin da!
Im Hier und Jetzt!
Ich habe den Bildschirm, das Handy und den CD-Player abgestellt
und meine Gedanken zurückgeholt aus der weiten Welt.
Hier steh ich, ein Baum auf einsamem Felde,
atme Ruhe ein,
auf dass sie mich erfülle.
Ich bin da,
guter Gott!
In der Stille kehre ich heim zu mir.
Ich sehne mich nach Freude,
-
doch ich finde Schmerz.
Wie wenn der Himmel verhangen wäre mit dichten Wolken,
die mir den Blick versperren auf das Licht,
so fühle ich mich.
Und doch,
guter Gott,
vertrau ich darauf,
dass hinter den Wolken die Sonne scheint
und dass der Regen, der auf mich herabfällt,
dereinst Blätter und Blüten treiben
und Früchte gedeihen lassen wird
an meinen Zweigen!
Es ist still, guter Gott,
unendlich still!
Ich steh vor dir,
gestern schon
und Wochen,
harre aus, ein Baum auf dem Felde,
offen mein Herz
dir und mir,
bereit.
Da geht die Sonne am Himmel auf.
Guter Gott,
welch ein Tag!
Ich spür den grossen Strom deiner Kraft mich durchfliessen!
Meine dürstenden Wurzeln erlabend,
steigend und sich verzweigend,
bis ins feinste Glied
erfüllt er mich mit deinem Licht!
Aus dem Universum kommend,
sich wieder dahin ergiessend,
grossartig und schlicht.
Wie ein Kind,
das von der Mitte der Brücke aus
den kraftvollen, ruhigen Fluss von Wasser bestaunt,
so stehe ich da,
guter Gott.
Erkennend,
dass sich dieser Strom seit Anbeginn
immerzu allem Leben und allem Sein verschenkt!
Wie kommt es, dass ich ihn bis zum heutigen Tag
übersehen hab?
Vom Licht, das alles Sein und Leben durchströmt
Guter Gott,
ich bin da!
Im Hier und Jetzt!
Ich habe den Bildschirm, das Handy und den CD-Player abgestellt
und meine Gedanken zurückgeholt aus der weiten Welt.
Hier steh ich, ein Baum auf einsamem Felde,
atme Ruhe ein,
auf dass sie mich erfülle.
Ich bin da,
guter Gott!
In der Stille kehre ich heim zu mir.
Ich sehne mich nach Freude,
-
doch ich finde Schmerz.
Wie wenn der Himmel verhangen wäre mit dichten Wolken,
die mir den Blick versperren auf das Licht,
so fühle ich mich.
Und doch,
guter Gott,
vertrau ich darauf,
dass hinter den Wolken die Sonne scheint
und dass der Regen, der auf mich herabfällt,
dereinst Blätter und Blüten treiben
und Früchte gedeihen lassen wird
an meinen Zweigen!
Es ist still, guter Gott,
unendlich still!
Ich steh vor dir,
gestern schon
und Wochen,
harre aus, ein Baum auf dem Felde,
offen mein Herz
dir und mir,
bereit.
Da geht die Sonne am Himmel auf.
Guter Gott,
welch ein Tag!
Ich spür den grossen Strom deiner Kraft mich durchfliessen!
Meine dürstenden Wurzeln erlabend,
steigend und sich verzweigend,
bis ins feinste Glied
erfüllt er mich mit deinem Licht!
Aus dem Universum kommend,
sich wieder dahin ergiessend,
grossartig und schlicht.
Wie ein Kind,
das von der Mitte der Brücke aus
den kraftvollen, ruhigen Fluss von Wasser bestaunt,
so stehe ich da,
guter Gott.
Erkennend,
dass sich dieser Strom seit Anbeginn
immerzu allem Leben und allem Sein verschenkt!
Wie kommt es, dass ich ihn bis zum heutigen Tag
übersehen hab?
Morgengebet
Die Bereitschaft, allen Ereignissen einen Sinn zuzugestehen
Gute Mutter Erde
Grosser Gott
Alles, was ist
Danke für diese gute Nacht!
Danke für die Stunden der Ruhe, der Erholung,
des Loslassen-Dürfens!
Danke für die Zeit der Stille,
in der ich ganz bei mir sein durfte!
Danke für den Schlaf und die Träume!
Ich fühle mich ausgeruht und gestärkt!
So heisse ich dich denn willkommen,
du neuer Tag!
Schön, dass du da bist!
Sei willkommen mit allem, was du mir bringst!
Mein Herz, mein Sinn und alles, was mich ausmacht, steht weit offen,
um es anzunehmen.
Ich weiss – ja, es ist meine tiefste Überzeugung -
dass allem, was geschehen mag,
und dem Zusammentreffen mit Sein und Leben jeglicher Art,
eine Begegnung mit Gott innewohnt!
Ich danke dir, neuer Tag,
für all die vielen Gelegenheiten, die du mir anbietest,
Gott zu erkennen,
Gott zu begegnen!
Neuer Tag,
was auch immer sich heute ereignen wird,
ich bin bereit,
in Demut und Dankbarkeit offen zu sein für das Geschenk,
das sich dahinter verbirgt;
bereit,
wachen Sinnes, in Geduld und Vertrauen zu verbleiben,
auf dass es sich mir offenbaren kann zu seiner Zeit.
Alles, was das Leben mir bringt,
ist letztlich ein Angebot an mich;
eine Chance, Schritte tun zu können auf dem Weg hin zu wahrer
Grösse,
auf dem Weg hin zu Gott.
Und wenn die Herausforderung manchmal so gross ist,
dass meine Kräfte kaum auszureichen scheinen, um sie zu tragen,
halte ich mich fest an diesem Versprechen,
das meine Seele mir gibt!
Ich danke dir, neuer Tag,
für all die vielen Gelegenheiten, die du mir zuträgst,
Mitgefühl und Liebe zu leben
und verantwortungsvoll zu handeln!
Die Stimme in meinem Herzen macht mich auf sie aufmerksam.
Ich will auf diese Stimme hören
und mich durch sie leiten lassen.
Willkommen, neuer Tag!
Ich freue mich, dass du da bist
und ich danke dir von ganzem Herzen für alles,
was du mir bringst!
Die Bereitschaft, allen Ereignissen einen Sinn zuzugestehen
Gute Mutter Erde
Grosser Gott
Alles, was ist
Danke für diese gute Nacht!
Danke für die Stunden der Ruhe, der Erholung,
des Loslassen-Dürfens!
Danke für die Zeit der Stille,
in der ich ganz bei mir sein durfte!
Danke für den Schlaf und die Träume!
Ich fühle mich ausgeruht und gestärkt!
So heisse ich dich denn willkommen,
du neuer Tag!
Schön, dass du da bist!
Sei willkommen mit allem, was du mir bringst!
Mein Herz, mein Sinn und alles, was mich ausmacht, steht weit offen,
um es anzunehmen.
Ich weiss – ja, es ist meine tiefste Überzeugung -
dass allem, was geschehen mag,
und dem Zusammentreffen mit Sein und Leben jeglicher Art,
eine Begegnung mit Gott innewohnt!
Ich danke dir, neuer Tag,
für all die vielen Gelegenheiten, die du mir anbietest,
Gott zu erkennen,
Gott zu begegnen!
Neuer Tag,
was auch immer sich heute ereignen wird,
ich bin bereit,
in Demut und Dankbarkeit offen zu sein für das Geschenk,
das sich dahinter verbirgt;
bereit,
wachen Sinnes, in Geduld und Vertrauen zu verbleiben,
auf dass es sich mir offenbaren kann zu seiner Zeit.
Alles, was das Leben mir bringt,
ist letztlich ein Angebot an mich;
eine Chance, Schritte tun zu können auf dem Weg hin zu wahrer
Grösse,
auf dem Weg hin zu Gott.
Und wenn die Herausforderung manchmal so gross ist,
dass meine Kräfte kaum auszureichen scheinen, um sie zu tragen,
halte ich mich fest an diesem Versprechen,
das meine Seele mir gibt!
Ich danke dir, neuer Tag,
für all die vielen Gelegenheiten, die du mir zuträgst,
Mitgefühl und Liebe zu leben
und verantwortungsvoll zu handeln!
Die Stimme in meinem Herzen macht mich auf sie aufmerksam.
Ich will auf diese Stimme hören
und mich durch sie leiten lassen.
Willkommen, neuer Tag!
Ich freue mich, dass du da bist
und ich danke dir von ganzem Herzen für alles,
was du mir bringst!
Vertrauen
Vom Vertrauen in die Weisheit der Seele
Wenn ich stehen bleiben muss,
weil die Türe vor mir verschlossen ist,
dann hab ich die Wahl:
Ich kann mich gegen sie stemmen,
ihr mein ganzes Gewicht entgegenwerfen.
Ich kann sie mit den Fäusten traktieren
und mir den Kopf daran wund schlagen.
Ich kann sie mit dem Beil zerschmettern
oder versuchen,
das Türschloss mit einer List zu knacken.
Die List jedoch wird gerne zur Last,
und mit Splittern in den Füssen geht sich‘s schwer.
Ich habe die Wahl.
Die Wahl zu jammern und zu resignieren.
Die Wahl zu kämpfen - oder zu vertrauen.
Gesegnet bin ich,
wenn ich mich dazu entscheide zu vertrauen!
Wenn ich den Blick von der verschlossenen Türe abwende
und mir die Zeit nehme, zur Ruhe zu kommen.
Ich werde in mir eine Stimme vernehmen,
die mir den Weg in eine neue Richtung weist.
Am Ende dieses neuen Pfades wartet eine andere Türe auf mich.
Eine Türe, für die sich meine Seele entschieden hat.
Die Seele hat die Schlüssel zu allen Türen, für die sie sich entscheidet.
Dem Kopf bleiben viele verschlossen.
Resignieren, kämpfen oder vertrauen?
Ich entscheide mich dazu zu vertrauen!
Zu vertrauen selbst dann,
wenn mein Weg wie ein Umweg aussieht.
Zu bauen auf die Weisheit meiner Seele.
Vom Vertrauen in die Weisheit der Seele
Wenn ich stehen bleiben muss,
weil die Türe vor mir verschlossen ist,
dann hab ich die Wahl:
Ich kann mich gegen sie stemmen,
ihr mein ganzes Gewicht entgegenwerfen.
Ich kann sie mit den Fäusten traktieren
und mir den Kopf daran wund schlagen.
Ich kann sie mit dem Beil zerschmettern
oder versuchen,
das Türschloss mit einer List zu knacken.
Die List jedoch wird gerne zur Last,
und mit Splittern in den Füssen geht sich‘s schwer.
Ich habe die Wahl.
Die Wahl zu jammern und zu resignieren.
Die Wahl zu kämpfen - oder zu vertrauen.
Gesegnet bin ich,
wenn ich mich dazu entscheide zu vertrauen!
Wenn ich den Blick von der verschlossenen Türe abwende
und mir die Zeit nehme, zur Ruhe zu kommen.
Ich werde in mir eine Stimme vernehmen,
die mir den Weg in eine neue Richtung weist.
Am Ende dieses neuen Pfades wartet eine andere Türe auf mich.
Eine Türe, für die sich meine Seele entschieden hat.
Die Seele hat die Schlüssel zu allen Türen, für die sie sich entscheidet.
Dem Kopf bleiben viele verschlossen.
Resignieren, kämpfen oder vertrauen?
Ich entscheide mich dazu zu vertrauen!
Zu vertrauen selbst dann,
wenn mein Weg wie ein Umweg aussieht.
Zu bauen auf die Weisheit meiner Seele.
Das unbegrenzt Allumfassende (Nachwort)
Über den Sinn von Grenzen und von der Unerlässlichkeit, sie hinter sich zu lassen
Dein Licht ist mein Licht, Gott!
Und mein Licht ist dein Licht!
Deine Kraft ist meine Kraft, Gott!
Und meine Kraft ist deine Kraft!
Deine Liebe ist meine Liebe, Gott!
Und meine Liebe ist deine Liebe!
Eines Tages wollten diese Worte über meine Lippen kommen. Da
packte mich die Angst. Dass Gott uns beschenkt und auf diese Weise
der Welt sein Licht, seine Kraft und seine Liebe zukommen lässt, ist
eine anerkannte Vorstellung seines Wirken. Auch der Gedanke, dass ein
Mensch mit Fehlern und Schwächen wie ich es bin, ein Kanal sein kann,
durch den Gottes Liebe in die Welt gelangt, schien mir akzeptabel. Die
umgekehrte Aussage dagegen liess mich stocken:
Mein Licht ist dein Licht, Gott!
Meine Kraft ist deine Kraft, Gott!
Meine Liebe ist deine Liebe, Gott!
In meinem eigenen Licht, meiner begrenzten Kraft und meiner
menschlichen Liebe Gottes Licht, Kraft und Liebe sehen zu wollen, schien
mir vermessen. Überschritt ich nicht eine gefährliche Grenze, wenn ich so
fühlte und redete? Darf sich ein Mensch so hoch erheben? Darf er trotz aller
seiner Unzulänglichkeit Gott in sich erkennen? Ist das nicht Blasphemie?
Viele Skrupel wollten mich zurückhalten und dennoch spürte ich,
dass in diesen Worten ein entscheidender Schlüssel lag. Wollte ich ihn
annehmen und damit die Türe zu einem neuen Denken öffnen? Ich
habe mich dazu entschlossen:
Dein Licht ist mein Licht, Gott! Und mein Licht ist dein Licht!
Deine Kraft ist meine Kraft, Gott! Und meine Kraft ist deine Kraft!
Deine Liebe ist meine Liebe, Gott! Und meine Liebe ist deine Liebe!
In meiner Vorstellung sah ich, wie sich die Kraft aus dem Universum
mit der Kraft aus meinem Inneren verband, wie das Licht und die Liebe
zusammenströmten, um sich über meine ausgebreiteten Arme in die
Welt zu ergiessen. Der Warnung in meinem Ohr, ich sei daran, mich
auf des Teufels Versuchungen einzulassen, stand die Erfahrung einer
grossen Freude gegenüber, die alle meine Zweifel ausräumte:
Die Bereitschaft, mich durch nichts aufhalten und eingrenzen zu lassen,
hat mir den Weg geebnet zu Gott!
Von da an war mir klar, dass es der Sinn eines jeden Menschenlebens
ist, nach unbegrenzter Weite zu streben; Weite des Geistes und des
Herzens; nach der Weite hinter der Weite hinter der Weite, auf den
Spuren der uneingeschränkten tiefsten und freisten Wahrheit. Dieses
Streben soll und darf Grenzen sprengen, ja, es MUSS sie sprengen und
darf sich durch nichts aufhalten lassen.
Viele Grenzen, die wir kennen, auch die, deren Überschreiten als
Blasphemie oder Ursünde bezeichnet wird, dienen als Leitplanken für
Menschen, die das Streben nach Weite mit dem Streben nach Macht
verwechseln, und sie haben als das ihre Berechtigung. Weshalb aber
sollte man jene aufhalten, die das „Gott in sich erkennen“ verstehen
als ein „ganz und gar Liebe sein wollen“? Warum sollte man ihrem
Streben Grenzen setzen? Warum sollte Gott, selbst wenn er eine
getrennt von den Menschen existierende Kraft oder Wesenheit wäre,
diese Annäherung nicht wollen? Warum würde er den Menschen
nur „Göttlichkeit“ zugestehen, nicht aber das „Anteilsein an Gott“?
Ich bin mir ganz sicher, dass auch diese Grenze, die unterscheidet
zwischen „göttlich sein“ und „Gott sein“, eine von uns Menschen
selbst gesetzte Grenze ist. Wir wagen es nicht, uns Gott noch weiter
anzunähern, denn wir sehen unsere Schwächen und Fehler. Wollten wir
uns als Teil des Grossen, des Ganzen, als Teil Gottes sehen, würde dies
heissen, dass auch menschliche Fehler und Schwächen ein Teil von Gott
wären. Vor derartigen Gedanken aber schrecken wir zurück. Denn es
wurde und wird gelehrt, dass sie eine Beleidigung Gottes sind und uns
auf direktem Weg in die Hölle führen.
Wir haben die Gewohnheit, alles, was es gibt, zu werten und einzuteilen
in „gut“ oder „schlecht“. Gott schreiben wir nur die Eigenschaften,
Gegebenheiten und Ereignisse zu, die wir als „gut“ bezeichnen. Doch wie
könnten wir das „Gute“ erkennen, ohne all das erfahren zu haben, was
„nicht gut“ ist? Selbstverständlich ist das „Gute“ unser Ziel; die absolute,
bedingungslose Liebe. Doch das „Schlechte“ hilft uns dabei auf den
Weg. Wir können darin eine EINLADUNG erkennen, in uns zu gehen
und einen HINWEIS darauf sehen, dass es Verbesserungspotential
gibt. Wir können die angebotene CHANCE annehmen, uns neu zu
orientieren. Und wir können die GELEGENHEIT nutzen, die uns
alle „schlechten“ Ereignisse anbieten: Die Gelegenheit, füreinander
da zu sein, miteinander zu teilen, Liebe zu leben. Was also wollen wir
daran verdammen? Was davon ist nicht würdig, Gott zugeschrieben zu
werden?
Es steht geschrieben: Du sollst dir kein Bildnis machen von Gott! Nicht,
dass Gott beleidigt wäre, wenn unser Bild von ihm zu gering ausfallen
würde. Die Aufforderung, uns kein Bildnis zu machen, dient dem Wohl
der Menschen! Denn jedes Gottesbild, das wir Menschen uns vorstellen
können, ist zwangsläufig begrenzt, weil selbst unsere grössten Gedanken
und unsere weitesten Worte begrenzt sind. Vielleicht sollten wir sogar
aufhören, das Wort „Gott“ zu gebrauchen, weil es kaum möglich ist,
diesen Namen zu denken oder auszusprechen, ohne ein (begrenztes)
Bild damit zu verbinden. Solange wir Mensch sind, können wir die
Allumfassendheit, Unbegrenztheit, bedingungslose Liebe dessen, was
wir mit dem Namen Gott verbinden, nur erahnen. Aber wir können
uns dieser Ahnung immer mehr öffnen und wir werden erkennen und
erfahren, dass dieses UNBEGRENZT ALLUMFASSENDE uns alle einschliesst!
Über den Sinn von Grenzen und von der Unerlässlichkeit, sie hinter sich zu lassen
Dein Licht ist mein Licht, Gott!
Und mein Licht ist dein Licht!
Deine Kraft ist meine Kraft, Gott!
Und meine Kraft ist deine Kraft!
Deine Liebe ist meine Liebe, Gott!
Und meine Liebe ist deine Liebe!
Eines Tages wollten diese Worte über meine Lippen kommen. Da
packte mich die Angst. Dass Gott uns beschenkt und auf diese Weise
der Welt sein Licht, seine Kraft und seine Liebe zukommen lässt, ist
eine anerkannte Vorstellung seines Wirken. Auch der Gedanke, dass ein
Mensch mit Fehlern und Schwächen wie ich es bin, ein Kanal sein kann,
durch den Gottes Liebe in die Welt gelangt, schien mir akzeptabel. Die
umgekehrte Aussage dagegen liess mich stocken:
Mein Licht ist dein Licht, Gott!
Meine Kraft ist deine Kraft, Gott!
Meine Liebe ist deine Liebe, Gott!
In meinem eigenen Licht, meiner begrenzten Kraft und meiner
menschlichen Liebe Gottes Licht, Kraft und Liebe sehen zu wollen, schien
mir vermessen. Überschritt ich nicht eine gefährliche Grenze, wenn ich so
fühlte und redete? Darf sich ein Mensch so hoch erheben? Darf er trotz aller
seiner Unzulänglichkeit Gott in sich erkennen? Ist das nicht Blasphemie?
Viele Skrupel wollten mich zurückhalten und dennoch spürte ich,
dass in diesen Worten ein entscheidender Schlüssel lag. Wollte ich ihn
annehmen und damit die Türe zu einem neuen Denken öffnen? Ich
habe mich dazu entschlossen:
Dein Licht ist mein Licht, Gott! Und mein Licht ist dein Licht!
Deine Kraft ist meine Kraft, Gott! Und meine Kraft ist deine Kraft!
Deine Liebe ist meine Liebe, Gott! Und meine Liebe ist deine Liebe!
In meiner Vorstellung sah ich, wie sich die Kraft aus dem Universum
mit der Kraft aus meinem Inneren verband, wie das Licht und die Liebe
zusammenströmten, um sich über meine ausgebreiteten Arme in die
Welt zu ergiessen. Der Warnung in meinem Ohr, ich sei daran, mich
auf des Teufels Versuchungen einzulassen, stand die Erfahrung einer
grossen Freude gegenüber, die alle meine Zweifel ausräumte:
Die Bereitschaft, mich durch nichts aufhalten und eingrenzen zu lassen,
hat mir den Weg geebnet zu Gott!
Von da an war mir klar, dass es der Sinn eines jeden Menschenlebens
ist, nach unbegrenzter Weite zu streben; Weite des Geistes und des
Herzens; nach der Weite hinter der Weite hinter der Weite, auf den
Spuren der uneingeschränkten tiefsten und freisten Wahrheit. Dieses
Streben soll und darf Grenzen sprengen, ja, es MUSS sie sprengen und
darf sich durch nichts aufhalten lassen.
Viele Grenzen, die wir kennen, auch die, deren Überschreiten als
Blasphemie oder Ursünde bezeichnet wird, dienen als Leitplanken für
Menschen, die das Streben nach Weite mit dem Streben nach Macht
verwechseln, und sie haben als das ihre Berechtigung. Weshalb aber
sollte man jene aufhalten, die das „Gott in sich erkennen“ verstehen
als ein „ganz und gar Liebe sein wollen“? Warum sollte man ihrem
Streben Grenzen setzen? Warum sollte Gott, selbst wenn er eine
getrennt von den Menschen existierende Kraft oder Wesenheit wäre,
diese Annäherung nicht wollen? Warum würde er den Menschen
nur „Göttlichkeit“ zugestehen, nicht aber das „Anteilsein an Gott“?
Ich bin mir ganz sicher, dass auch diese Grenze, die unterscheidet
zwischen „göttlich sein“ und „Gott sein“, eine von uns Menschen
selbst gesetzte Grenze ist. Wir wagen es nicht, uns Gott noch weiter
anzunähern, denn wir sehen unsere Schwächen und Fehler. Wollten wir
uns als Teil des Grossen, des Ganzen, als Teil Gottes sehen, würde dies
heissen, dass auch menschliche Fehler und Schwächen ein Teil von Gott
wären. Vor derartigen Gedanken aber schrecken wir zurück. Denn es
wurde und wird gelehrt, dass sie eine Beleidigung Gottes sind und uns
auf direktem Weg in die Hölle führen.
Wir haben die Gewohnheit, alles, was es gibt, zu werten und einzuteilen
in „gut“ oder „schlecht“. Gott schreiben wir nur die Eigenschaften,
Gegebenheiten und Ereignisse zu, die wir als „gut“ bezeichnen. Doch wie
könnten wir das „Gute“ erkennen, ohne all das erfahren zu haben, was
„nicht gut“ ist? Selbstverständlich ist das „Gute“ unser Ziel; die absolute,
bedingungslose Liebe. Doch das „Schlechte“ hilft uns dabei auf den
Weg. Wir können darin eine EINLADUNG erkennen, in uns zu gehen
und einen HINWEIS darauf sehen, dass es Verbesserungspotential
gibt. Wir können die angebotene CHANCE annehmen, uns neu zu
orientieren. Und wir können die GELEGENHEIT nutzen, die uns
alle „schlechten“ Ereignisse anbieten: Die Gelegenheit, füreinander
da zu sein, miteinander zu teilen, Liebe zu leben. Was also wollen wir
daran verdammen? Was davon ist nicht würdig, Gott zugeschrieben zu
werden?
Es steht geschrieben: Du sollst dir kein Bildnis machen von Gott! Nicht,
dass Gott beleidigt wäre, wenn unser Bild von ihm zu gering ausfallen
würde. Die Aufforderung, uns kein Bildnis zu machen, dient dem Wohl
der Menschen! Denn jedes Gottesbild, das wir Menschen uns vorstellen
können, ist zwangsläufig begrenzt, weil selbst unsere grössten Gedanken
und unsere weitesten Worte begrenzt sind. Vielleicht sollten wir sogar
aufhören, das Wort „Gott“ zu gebrauchen, weil es kaum möglich ist,
diesen Namen zu denken oder auszusprechen, ohne ein (begrenztes)
Bild damit zu verbinden. Solange wir Mensch sind, können wir die
Allumfassendheit, Unbegrenztheit, bedingungslose Liebe dessen, was
wir mit dem Namen Gott verbinden, nur erahnen. Aber wir können
uns dieser Ahnung immer mehr öffnen und wir werden erkennen und
erfahren, dass dieses UNBEGRENZT ALLUMFASSENDE uns alle einschliesst!